Inhaltsübersicht
1. Vorstellung der AWO als Trägerin
2. Vorbemerkung zu dieser Rahmenkonzeption
3. Definitionen und Begriffe
3.1 Der Begriff „Inklusion“
3.2 Der Begriff „Interkulturalität“
3.3 Der Begriff „Integration“
3.4 Der Begriff „Exklusion“
3.5 Unterschiede zw. Inklusion, Interkulturalität, Integration und Exklusion
4. Formen der Inklusion
4.1 Mehrsprachigkeit
4.2 Beeinträchtigunge
4.3 Diversität
4.4 Gender
4.5 Religion
4.6 Migration (Menschen mit Fluchterfahrung)
5. Gesetzliche Grundlagen und Rahmenbedingungen
5.1 Menschenbild der AWO
5.2 UN-Kinderrechtskonvention
5.3 UN-Behindertenkonvention
5.4 Kindliche Identität bzw. Biografie
6. Institutionelle Rahmenbedingungen
6.1 Kommunikationsmöglichkeiten
6.2 Teamzusammensetzung (Fortbildungen)
6.3 Sozialraumanalyse
6.4 Kooperation, Netzwerk und externe Hilfsangebote
6.5 Raumausstattung und Fördermaterialien
7. Formen der Teilhabe
7.1 Bild vom Kind
7.2 Partizipation – Wir nehmen Kinder ernst
7.3 Resilienz
7.4 Zusammenarbeit mit Eltern bzw. Familie
7.5 Wertschätzung und Abbau von Barrieren
7.6 Umgang mit Diskriminierung und Beschwerdemanagement
8. Formen sozialer Integration
8.1 Förder- und Teilhabepläne
8.2 Heilpädagogische Leistungen
8.3 Inklusionsassistenz
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Konzeptionen
Rahmenkonzeptionen
↳ Pädagogik
↳ Prävention und Schutz
↳ Inklusion
↳ plusKITA
Einzelkonzeptionen
↳ „Villa Purzelbaum“
↳ „Die Weltentdecker“
↳ „Lange Hecke“
↳ „Zauberhügel“
↳ „Räuberhöhle“
↳ „Die Römerkita“
1. Vorstellung der AWO als Trägerin
Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) ist ein unabhängiger, mitgliederunterstützter Wohlfahrtsverband und wurde im Dezember 1919 gegründet. Sie setzt sich mit ihrem Leitbild und ihren Aufgabenfeldern für eine sozial gerechte Gesellschaft ein, die durch Politikgestaltung Benachteiligungen ausgleicht und allen Menschen den Zugang zu Bildung, Ausbildung, Kultur und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht. Sie leistet ihre Aufgaben ohne nach politischer, ethischer, kultureller, nationaler oder konfessioneller Zugehörigkeit zu fragen.
Die AWO betreibt seit ihrem Bestehen Tageseinrichtungen für Kinder als unverzichtbaren Teil der sozialen Infrastruktur. Sie trägt somit zur positiven Gestaltung der Lebensbedingungen von Familien, zur Chancengleichheit und sozialen Gerechtigkeit bei und bietet konkrete Hilfe bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir als AWO OV Neuss werden uns auch weiterhin dafür einsetzen, dass der Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrag mit den entsprechenden qualitativen und finanziellen Absicherungen erhalten bleibt.
In Neuss sind wir anerkannter Träger der freien Jugendhilfe gemäß § 75 SGB VIII und seit über 20 Jahren Träger der Kindertageseinrichtungen „Villa Purzelbaum“ (Holzheim), „Die Weltentdecker“ (Vogelsang), „Lange Hecke“ (Furth), „Die Römerkita“ (Weißenberg), „Zauberhügel“ (Allerheiligen) und „Räuberhöhle“ (Allerheiligen). Wir bieten qualifizierte Förderung und Angebote für eine Vielzahl von Kindern im Alter von vier Monaten bis zum Schuleintritt an.
Darüber hinaus sind wir ein im Zuständigkeitsbereich des Jugendamtes Neuss geförderter Träger der Familienbildung und im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit ein konstanter Partner des Jugendamtes der Stadt Neuss.
Wir engagieren uns im Bereich der interkulturellen Kinder- und Jugendarbeit und sind Träger der Offenen Ganztagsgrundschule „St. Martinus“ (Uedesheim).
Kinder haben eigene Sozial- und Grundrechte, die in der UN-Kinderrechtskonvention verankert sind. Alle Kinder haben ein Grundrecht auf Bildung, Erziehung und Betreuung, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer kulturellen und ethnischen Orientierung und unabhängig von der Lebenssituation der Eltern. Wir setzen uns offensiv für die Rechte der Kinder ein und tragen damit zu einer menschlichen und kinderfreundlichen Gesellschaft aktiv bei.
Als AWO orientieren wir uns am humanistischen Menschenbild. Wir gehen davon aus, dass Menschen von Geburt an über ein großes Potenzial an Fähigkeiten verfügen, dessen Entfaltung sie in die Lage versetzt, ihr Leben in Verantwortung für sich und andere zu gestalten. Für die Arbeit in unserer Tageseinrichtung bedeutet das, Kinder als eigenständige Personen ernst zu nehmen und Bildungs- und Erziehungsprozesse zu initiieren, in denen Kinder ihre Fähigkeiten und Potenziale entfalten können.
Die AWO in Neuss konkretisiert ihr Bildungsprofil auf der Grundlage ihrer Grundrichtung für Tageseinrichtungen für Kinder.
2. Vorbemerkung zu dieser Rahmenkonzeption
Der Träger AWO OV Neuss e. V. steht dafür, dass jeder Mensch, so aufgenommen wird, wie er ist. Jeder Mensch hat ein Recht auf Einzigartigkeit, Anderssein, Diversität und auf ein Leben in Würde.
Das Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsangebot von Kindertageseinrichtungen „soll sich am Alter und dem Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, an en Lebenssituationen sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethische Herkunft berücksichtigen (§ 22 Abs. 3 SGB VIII).“
Jedes Kind soll in seiner Einzigartigkeit mit seinen Fähigkeiten und auf seine Weise gefördert und gefordert werden. Alle Menschen sind ein Teil unserer Gesellschaft und haben das Recht auf Mitbestimmung. Ziel soll es sein, dass wir die Kinder in ihrer Bildungs- und Persönlichkeitsentwicklung unterstützen. Die individuellen Lebenssituationen, die Herkunft und der Entwicklungsstand eines jeden einzelnen Kindes und deren Familien werden berücksichtigt.
3. Definitionen und Begriffe
3.1 Der Begriff „Inklusion“
Inklusion, vom lateinischen Wort „inclusio“ abgeleitet, bedeutet Einschluss. Der Einschluss aller Kinder in eine Gemeinschaft meint, jedes einzelne Kind gleichberechtigt an allen Tätigkeiten teilhaben und mitgestalten zu lassen – unabhängig von seinen Fähigkeiten, von seiner ethischen, kulturellen oder sozialen Herkunft, seinem Geschlecht oder von seinem Alter. Inklusion betrachtet den Menschen als Teil der Gemeinschaft.
Inklusion begrüßt die Vielfalt aller Kinder und entscheidet nicht über einen bestimmten Platz eines Kindes in seiner sozialen Gruppe. Inklusion geht vielmehr von der Besonderheit und den individuellen Bedürfnissen eines jeden Kindes aus und verlangt den Blick auf die gesamte Persönlichkeit des Kindes. Inklusion tritt ein für das gleiche Recht aller Kinder. Der Inklusionsgedanke besagt, dass alle Kinder und ihre Erzieher:innen miteinander und voneinander lernen. Kein Kind soll ausgesondert werden, weil es den Anforderungen nicht entsprechen kann.
Inklusion will auch die Rahmenbedingungen an den Bedürfnissen und Besonderheiten der Kinder ausrichten. Die Strukturen haben sich den individuellen Bedürfnissen anzupassen. So entwickeln sich Bildungseinrichtungen zu einem fördernden und herausfordernden Ort für alle Kinder. Der Inklusionsgedanke wertschätzt alle Anteile eines Kindes, will Bildungsgerechtigkeit erzielen und baut somit Bildungsbarrieren ab.
Damit ist Inklusion auch ein Teil eines demokratischen Wertesystems: Es geht darum, gesellschaftliche Bedingungen der Kinder aktiv zu erfragen., Barrieren zu erkennen und Gelegenheiten zu identifizieren, die eine Ungleichbehandlung und Ausgrenzung bewirken. Das Ziel ist Gerechtigkeit. Sich auf Inklusion einzulassen bedeutet deshalb auch, sich mit Bildungsbarrieren auseinanderzusetzen (vgl. Inklusion in Krippe und Kita – Ein Leitfaden für die Praxis, Herder, 2015, S. 10 ff.).
Inklusion bedeutet zusammengefasst, dass Teilhabe und Mitbestimmung in jeglicher Form in Bildungs- und Erziehungseinrichtungen gewünscht und gefördert wird, somit wird Ausgrenzung reduziert Überzeugungen und Werte reflektiert und auf das eigene pädagogische Handeln übertragen. Inklusion beginnt mit der Wahrnehmung von Unterschieden zwischen Kindern ihren Familien, ihren Lebenswelten und wertschätzt und respektiert diese. Der Fokus liegt hierbei im Erfahrungsschatz aller Beteiligten der im Gruppengefüge erweitert werden kann.
3.2 Der Begriff „Interkulturalität“
Unter Interkulturalität versteht man das Aufeinandertreffen von zwei oder mehreren Kulturen, bei denen es trotz kultureller Unterschiede zur Gegenseitigen Beeinflussung kommt. Die eigene kulturelle Identität und Prägung wird wechselseitig erfahrbar.
Bereiche mit expliziertem Bezug zu ethisch-kultureller Vielfalt sind bspw. Sprache und Kommunikation, Identität und Gesellschaft sowie Religion und Weltanschauung.
3.3 Der Begriff „Integration“
„Das lateinische Wort ‚integratio‘ bedeutet so viel wie Erneuerung oder Wiederherstellung. Im soziologischen und pädagogischen Zusammenhang sind damit Einbeziehung und Eingliederung gemeint. In der (früh-)pädagogischen Praxis hat Integration zum Ziel, Kinder, die sonst ausgeschlossen wären, in ihre soziale Gruppe einzubeziehen, etwas wiederherzustellen, das durch eine Beeinträchtigung bedroht oder verloren geglaubt war. Dazu gilt es zunächst, Unterschiede zwischen ‚normaler‘ und ‚gestörter‘ Entwicklung wahrzunehmen und festzustellen. Die Anforderung besteht darin, Kinder, die sich nicht „normal“ entwickeln, einer Förderplan zu erstellen. Danach ist dann das zunächst Getrennte wieder zu vereinen. Integration unterscheidet als zwischen Kindern mit und ohne Förderung- und Therapiebedarf. Traditionell werden Kinder mit definierten Entwicklungsstörungen integriert: meist körperlich, geistig oder seelisch kranke oder behinderte Kinder. Im Zusammenhang mit gemeinsamer Betreuung, Bildung und Erziehung bedeutet Integration, ohne Aussonderung auszukommen“ (vgl. Inklusion in Krippe und Kita – Ein Leitfaden für die Praxis, Herder, 2015, S. 10).
3.4 Der Begriff „Exklusion“
Das Gegenteil von Integration ist Separation (Abtrennung) und/oder Exklusion (Ausschluss). Keiner darf ausgeschlossen werden und ist ein Teil unserer Gesellschaft und wird akzeptiert, wie jeder Mensch ist.
3.5 Unterschiede zwischen Inklusion, Interkulturalität, Integration und Exklusion
Die Integration ist bemüht alle ausgeschlossenen Mitglieder (Exklusion) in die Gemeinschaft einzubeziehen. Dabei bleibt der einzelne weiterhin ein Besonderer z. B. ein Kind mit Beeinträchtigung oder Migrationshintergrund. Somit ist dies sehr Defizit behaftet und negativ auslegbar.
Inklusion hingegen bedeutet, jeden Mitmenschen als Gleichwertig und Gleichberechtigten anzusehen. Dies ist sowohl wertschätzend als auch partizipativ und umfasst alle Bedürfnisse und Lebenssituationen eines jeden Menschen. Dabei sind individuelle Faktoren, wie Alter, Entwicklungsstand, Lebenssituation, Interessen und Bedürfnisse, Ethische Herkunft und Religion zu beachten und wertzuschätzen.
4. Formen der Inklusion
4.1 Mehrsprachigkeit
In einer schnelllebigen und grenzenlosen Welt wie der heutigen, ist es unsere Aufgabe als pädagogisches Fachpersonal, Kindern eine interessante, abwechslungsreiche, ansprechende und auffordernde Lernumgebung zu gestalten. Diese soll die Kinder zu selbstbestimmtem Lernen anregen. Im Bereich der Mehrsprachigkeit, ist der inklusive Gedanke wie folgt zu leben:
- Mitarbeiter:innen benötigen fundierte Kenntnisse über kindliche Sprachentwicklung bei Mehrsprachigkeit und die Spracherwerbstheorien
- sprachliche Bildungsangebote im Alltag, die den Kindern verschiedener Altersgruppen zugänglich sind
- Möglichkeit zur Sprachförderung in Kleingruppen
- ausgewählte Rahmenbedingungen und Kooperationen
- Übersetzungen von Aushängen und Materialien für Eltern in diversen Sprachen
- Dolmetscher:innen für Elterngespräche etc.
- multiprofessionelles Team und Experten:innen auf verschiedenen Fachebenen
- Vernetzung mit Ressourcen, Trägern, Logopäden:innen, Elternvertretern:innen, bilingualen Angeboten, Kooperationen mit Grundschulen und ortsansässigen Institutionen
- Qualifizierungsanforderungen sprachliche Entwicklung von mehrsprachig aufwachsenden Kindern beobachten und gestalten lernen
- achtsamer Umgang mit eigener Sprache
4.2 Beeinträchtigung
Unter dem Begriff „Beeinträchtigung“ versteht man jegliche Form der Erschwerung der eigenen Lebensbewältigung. Hierbei beziehen wir uns nicht auf den Begriff „Behinderung“ und seine Ausprägungen bzw. Formen, sondern beziehen uns im Allgemeinen auf die erschwerte Ausübung und Umsetzung typischer Alltagsfunktionen, die Aufnahme in soziale Gruppen sowie das Ausmaß an Unterstützung und Hilfestellung durch andere.
Es geht um die Entwicklung eigenen Kompetenzen und Handlungsstrategien, wobei die Ursachen und Formen sowie die Ausprägung der Beeinträchtigung bzw. Behinderung, unerheblich sind. Angelehnt an das Sozialgesetzbuch verstehen wir die Teilhabe an verschiedenen Lebensbereichen als vorrangig und orientieren uns nicht an Defiziten körperlicher, intellektueller, interkultureller und psychischer Arten.
Im Fokus steht die resultierende Auswirkung der Beeinträchtigung, wie z. B. Kommunikation, Mobilität, Beziehung, Bildung, Leben im sozialen Gefüge, interpersonelle Interaktionen und ähnlichem, nicht aber das Maß der Schädigung und Beeinträchtigung selbst.
4.3 Diversität
Unter dem Begriff „Diversität“ versteht man die Vielfalt der Menschen in der Gesellschaft in Bezug auf Geschlecht, Alter, Sexueller Orientierung, Weltanschauung oder Religion, ethnischer Herkunft und Behinderung. Als politisches Konzept, das auch von der europäischen Union als Leitbild formuliert wurde, zielt Diversität auf die Herstellung der Chancengleichheit von Gruppen, die aufgrund der oben genannten Merkmale benachteiligt werden, ab. Diversität steht dafür, Differenzen wertzuschätzen sowie als Ressource zu begreifen. Die Einzigartigkeit von Individuen wird betont und sich eindeutig gegen Diskriminierungen von Menschen aufgrund von Macht und Ungleichheiten gewandt.
In unseren Kindertageseinrichtungen sind hierbei das „Bild vom Kind“ zu wahren (vgl. 7.1.), sowie die individuellen Rahmenbedingungen und Lebensumstände seiner Lebenswelt. Demokratische Formen der Entscheidungsfindung, Wahrung von persönlichen Grenzen, sowie die Freiheit des Einzelnen, die Achtung eines Jeden und der tolerante Umgang im Gruppengefüge stellen hierbei unsere wichtigsten Grundpfeiler dar.
4.4 Gender
„Gender“ ist ein englisches Wort für Geschlecht. Genauer gesagt für das soziale, das gelebte und gefühlte Geschlecht; im Unterschied zu „sex“, dem bei Geburt aufgrund körperlicher Merkmale zugewiesenen Geschlecht. Im Englischen gibt es also zwei Worte – „gender“ und „sex“ – wo es im Deutschen nur eines gibt, nämlich „Geschlecht“.
Der Begriff „Gender“ wird aber inzwischen auch im Deutschen genutzt: Immer dann, wenn es um das soziale Geschlecht und um Geschlechtsidentität geht (vgl. www.genderdings.de/gender; abgerufen am 06.12.2022/11:20).
Das traditionelle Familienbild und die damit verbundenen Geschlechterrollen und Rollenverteilungen gelten in der heutigen Zeit als überholt. Für viele Frauen ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie unabdingbar und viele Männer haben nicht mehr die Stellung des Ernährers inne. Kinder wachsen somit mit anderen Vorbildern auf, sehen dass der Vater ebenso sensibel und einfühlsam auf die Bedürfnisse ihrer Kinder reagieren können, wie die Mütter und dass die Mütter erfolgreiche Karrierefrauen sein können.
4.5 Religion
Alle Kinder stehen in ihrem religiösen Aufwachsen vor Orientierungsfragen – in der heutigen, multireligiösen Gesellschaft, mehr denn je. Somit ist religiöse und interreligiöse Bildung daher keineswegs nur Aufgabe von Kindertagessteinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft, sondern ist Aufgabe aller, die Kindern Entwicklungsbegleiter sind.
Da Kinder der religiös-weltanschaulichen Pluralität schon früh begegnen und die religiöse und weltanschauliche Vielfalt unserer Gesellschaft zu nimmt, ist die pädagogische Aufgabe schwieriger denn je. Dies erzeugt Unsicherheit, und birgt neue Herausforderungen die gemeistert werden wollen. Es muss ein gesundes Verhältnis zwischen interkulturellem und interreligiösem Lernen ermöglicht werden, worauf der spezielle Blick in Bezug auf die kindliche Resilienz vorhanden sein muss. Wenn Kinder früh an Toleranz und Akzeptanz anderer Lebensentwürfe und Religionen hingeführt werden, entstehen womöglich keine Vorurteile oder vorhandene werden hinterfragt und abgebaut.
Dadurch wird das „Fremde zum Bekannten“ und somit zum Teil des eigenen alltäglichen Lebens.
4.6 Migration (Menschen mit Fluchterfahrung)
„Der deutsche Duden definiert Migration als „Wanderung oder Bewegung bestimmter Gruppen von Tieren oder Menschen“. Doch mit dem Ausdruck „Migration“ sind weitreichendere Phänomene verbunden, wie zum Beispiel:
- Vermischung von Sprachen und kulturellen Sichtweisen
- Entstehung von Zwischenwelten und hybriden Identitäten, das bedeutet, ein Mensch fühlt sich zwei oder mehreren kulturellen Räumen gleichermaßen zugehörig
- Abgrenzung zu den „Fremden“
- Strukturen und Prozesse von Rassismus
- Erschaffung von Stereotypen im Bezug auf andere Kulturen
Mittels „Ausländerpädagogik“ und „interkulturelle Pädagogik“ werden grundlegende pädagogische Sichtweisen und Reaktion auf eine Migrationsgesellschaft aufgezeigt“ (vgl. Julia Sterk: Migration, Ausländerpolitik und interkulturelle Pädagogik, 30.06.2016; www.denbegriffenaufdengrund.wordpress.com/2016/06/30/migration-auslaenderpaedagogik-und-interkulturelle-paedagogik; abgerufen am 06.12.2022/11:20).
Zum essentiellen pädagogischen Angebot von Kindertageseinrichtungen zählen, sowohl Mehrsprachigkeit als auch Multikulturalität als ein unverzichtbares Element, welches Methodenreich zum kindlichen Alltag gehört. Hierbei gilt es als wichtiges Prinzip, dass die Teilhabe garantiert und das Lernen stets individuell am Kind angepasst ist. Dies kann beispielsweise durch Spiellieder, mehrsprachiges szenisches Spiel oder bilinguale Bildungsangebote erreicht werden.
Wichtigstes Ziel interkultureller Pädagogik ist, dem Dialog und Austausch zwischen Kulturen zu unterstützen. Um diese Ziele zu erreichen ist ein stetiger Austausch mit allen Parteien, wie Träger, pädagogisches Fachpersonal, Elternschaft und möglicher externer Anbieter von Nöten.
Chancengerechtigkeit durch Sprachliche Bildung ist im Bereich kindlicher Mehrsprachigkeit ein wichtiger Standpunkt im Bereich des Inklusiven Grundgedankens. Sie ist eng verwoben mit dem hohen Ziel der Chancengleichheit, welches mit und durch Bildung in der Kindertageseinrichtung erreicht werden soll. Kinder mit Migrationshintergrund und somit folglich einer meist anderen Erstsprache, benötigen interkulturell kompetentes Fachpersonal, welches eine altersgerechte und auf das Kind angestimmte Sprachliche Bildung im Alltag garantiert und lebt. Der Kitaalltag ist geprägt von sprachlichen Interaktionssituationen, welche das Kind einladen sollen, in den Dialog mit dem Entwicklungsbegleiter zu gehen. Hierbei sind die sprachlichen Mittel unerschöpflich und es kann auf verschiede Weisen interagiert und kommuniziert werden.
5. Gesetzliche Grundlagen und Rahmenbedingungen
5.1 Menschenbild der AWO
Unser Leitbild: Die Arbeiterwohlfahrt kämpft mit ehrenamtlichem Engagement und professionellen Dienstleistungen für eine sozial gerechte Gesellschaft.
- Wir bestimmen, vor unserem geschichtlichen Hintergrund als Teil der Arbeiterbewegung, unser Handeln durch die Werte des freiheitlich-demokratischen Sozialismus: Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit.
- Wir sind ein Mitgliederverband, der für eine sozial gerechte Gesellschaft kämpft und politisch Einfluss nimmt. Dieses Ziel verfolgen wir mit ehrenamtlichem Engagement und professionellen Dienstleistungen.
- Wir fördern demokratisches und soziales Denken und Handeln. Wir haben gesellschaftliche Visionen.
- Wir unterstützen Menschen, ihr Leben eigenständig und verantwortlich zu gestalten und fördern alternative Lebenskonzepte.
- Wir praktizieren Solidarität und stärken die Verantwortung der Menschen für die Gemeinschaft.
- Wir bieten soziale Dienstleistungen mit hoher Qualität für alle an.
- Wir handeln in sozialer, wirtschaftlicher, ökologischer und internationaler Verantwortung und setzen uns nachhaltig für einen sorgsamen Umgang mit vorhandenen Ressourcen ein.
- Wir wahren die Unabhängigkeit und Eigenständigkeit unseres Verbandes; wir gewährleisten Transparenz und Kontrolle unsere Arbeit.
- Wir sind fachlich kompetent, innovativ, verlässlich und sichern dies durch unsere ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Das Leitbild für unsere Tageseinrichtungen für Kinder: Mit unseren Tageseinrichtungen für Kinder erbringen wir eine sozialpolitisch unverzichtbare Dienstleistung für die Gesellschaft. Wir bieten den Rahmen für eine positive Entwicklung von Kindern, unterstützen Eltern bei der Bildung, Betreuung, Erziehung ihrer Kinder und leisten mit unseren bedarfsgerechten und flexiblen Angeboten einen Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Unsere Tageseinrichtungen für Kinder verstehen sich als Kinderzentren im Gemeinwesen. Sie sind Orte der Begegnung und Ausgangspunkt vielfältiger Kontakte und Aktivitäten. Wir beteiligen uns aktiv an der sozialraumorientierten Vernetzung und Zusammenarbeit zum Nutzen der Kinder und ihrer Familien. Wir verstehen uns als Glied einer Präventionskette, die nachhaltig von der Geburt bis zum Berufseintritt wirkt.
Akzeptanz und Offenheit ist unsere zentrale Leitorientierung für die gemeinsame Förderung von Kindern mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund. Wir berücksichtigen die individuellen Familien- und Lebensbedingungen aller Kinder und Eltern. Die Integration von Kindern aus Familien mit Migrationshintergrund und die besondere Unterstützung von Kindern, die in Armut leben oder von Armut bedroht sind, sind ebenso Bestandteil unserer pädagogischen Arbeit wie die Integration und Förderung behinderter Kinder. Der Leitgedanke der Inklusion ist für unsere Einrichtungen und ihre Aktivitäten bindend.
In unseren Tageseinrichtungen stellen wir das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt. Wir setzen uns dafür ein, allen Kindern gleiche Entwicklungs- und Bildungschancen zu ermöglichen. Bei der Gestaltung unserer Arbeit achten wir die aktuellen kindlichen Bedürfnisse ebenso wie die Entwicklung zukunftsorientierter Kompetenzen.
Wir wertschätzen der Individualität des Kindes, seiner Bedürfnisse und Verhaltensweisen. Die Grundrechte aller Kinder – unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht und ihrem kulturellen Hintergrund – werden in unseren Tageseinrichtungen für Kinder entsprechend der UN-Kinderrechtskonvention geachtet und beachtet.
Unser Ziel ist es, Kinder zu befähigen, ihr Leben verantwortlich zu gestalten und mit Unsicherheiten und Veränderungen umgehen zu lernen. In unseren Tageseinrichtungen vermitteln wir Kindern Werte analog des Leitbildes der Arbeiterwohlfahrt. Wir fördern durch kindgerechte Bildungs- und Erziehungsprozesse ihre Ich-, Sozial- und Sachkompetenz als wesentliche Bereiche der Persönlichkeitsentwicklung. Wir gehen davon aus, dass alle Kinder über große Entwicklungspotentiale verfügen und sich die Welt auf Kind spezifische Weise aneignen wollen.
Im Rahmen des situationsorientierten Ansatzes begleiten, fördern und unterstützen wir kindliche Lern- und Entwicklungsprozesse in einer Atmosphäre von Vertrauen, Geborgenheit und Akzeptanz. Wir ermöglichen Kindern ausreichend Freiräume und unterstützen ihre Eigeninitiative und ihre Eigenaktivität.
Wir legen großen Wert auf die professionelle Gestaltung von Interaktionsprozessen und sind uns unserer Vorbildfunktion bewusst. Im Mittelpunkt der pädagogischen Arbeit in unseren Tageseinrichtungen stehen der Aufbau entwicklungs- und vertrauensfördernder Beziehungen, die Gestaltung lebensweltorientierter Lernprozesse und die Beteiligung der Kinder an Entscheidungen.
5.2 UN-Kinderrechtskonvention
Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung und Inklusion. Die UN-Kinderrechtskonvention der Vereinigten Staaten hat festgelegt, dass alle Kinder enormem Anspruch auf einen bedürfnisgerechten Platz in einer elementaren Bildungseinrichtung haben. Das Gesetz wurde 1990 von der Bundesrepublik Deutschland unterschrieben und ist 1992 in Kraft getreten. Sie beinhaltet, dass alle Kinder ein Recht auf Leben, Bildung und Schutz vor Gewalt haben sowie auf das Recht, gehört zu werden.
Ebenso haben Kinder Rechte „ohne jede Diskriminierung unabhängig von der Rasse, der Hautfarbe, dem Geschlecht, sozialen Herkunft, des Vermögens, einer Behinderung, der Geburt oder des sonstigen Status des Kindes, seiner Eltern oder seines Vormundes“ (vgl. Art. 2 Abs. 1). Die Salamanca-Erklärung von 1994 beinhaltet das Ziel, Bildungssysteme inklusiv zu gestalten.
5.3 UN-Behindertenkonvention
Im Jahr 2006 trat die UN Behindertenrechtskonvention, welche als Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen erstellt wurden ist, in Kraft. Diese übersteigt die Rahmenbedingungen der Kinderrechtskonvention und wird als weiterführende Interpretation verstanden. Seit März 2009 ist die Behindertenrechtskonvention in Deutschland geltendes Recht.
Das oberste Ziel ist, die Chancengleichheit von Menschen mit Behinderungen zu fördern und Diskriminierung in der Gesellschaft zu unterbinden. Im Aktionsplan der Bundesregierung ist die Umsetzung der Behindertenkonvention festgelegt.
„Es geht um gleichberechtigte Teilhabe am politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben, um Chancengleichheit in der Bildung, um berufliche Integration und um die Aufgabe, allen Bürgern:innen die Möglichkeit für einen selbstbestimmten Platz in einer barrierefreien Gesellschaft zu geben. Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist damit ein weiterer Schritt Deutschlands auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft, die geprägt ist von der unabdingbaren Anerkennung der Menschenwürde jeder oder jedes Einzelnen“ (BMAS 2011, S. 24). Die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention wird im Aktionsplan der Bundesregierung festgelegt“ (vgl. Inklusion in Krippe und Kita – Ein Leitfaden für die Praxis, Herder, 2015, S. 10 ff.).
5.4 Kindliche Identität bzw. Biografie
Kinder haben das Recht auf eine eigene Identität. Darunter verstehen wir, dass das jedes einzelne Kind eine Staatsangehörigkeit und einen Namen hat und dass seine Beziehung zu seiner Familie anerkannt wird. Die Identität oder auch Teile davon dürfen einem Kind nicht genommen werden. Jedes Kind muss mit seiner Biografie da aufgenommen werden, wo es steht.
Kinder sind von Geburt an Egozentriker und erweitern ihre Wahrnehmung im Lebensverlauf aus der Phase des Egozentrismus hin zum Gemeinschafts- und Gruppengefühl. Durch Ausprobieren und Nachahmen attraktive Rollenvorbilder und Aussenfaktoren lernt ein Kind sich in seinem Leben kennen und schätzen. Es erkennt seine Stärken und Schwächen, Vorlieben und Abneigungen und bringt diese im Kontext mit seiner Lebensumwelt. Der „Ich-Begriff“ prägt sich ein und das Kind kann seinen Platz in verschiedenen Gruppenkonstrukten erkennen. Nicht selten kommt es hierbei zu Rollendiffusionen, da das Kind meist mehrere Rollen gleichzeitig ausführt.
Familiäre Zusammensetzungen, das soziale Lebensumfeld, Herkunft, Religion und die damit verbundenen Einflüsse (negative und traumatische Ereignisse) wie z. B. Flucht und Trennung etc. prägen die kindliche Biografie und Persönlichkeit sowie Entwicklung.
6. Institutionelle Rahmenbedingungen
6.1 Kommunikationsmöglichkeiten
Unsere Kindertagesstätten bieten unterschiedliche Möglichkeiten der Kommunikation. Aufgrund von multikulturellen Teams bestehen die Maßnahmen, dass wir Mitarbeiter:innen zum Dolmetschen hinzuziehen können.
Die „ISY App“ dient ebenfalls als Kommunikationsmittel und ist multilingual in der Bedingung; die pädagogischen Mitarbeiter:innen können Informationen online präsentieren. Eltern erhalten einen Account und können hier die aktuellen Informationen aus der Kindertagesstätte abrufen.
Gleichzeitig werden Informationen in den Kitas über Aushänge oder Elternbriefe bekannt gegeben. Alle Informationen oder Aushänge können jederzeit in verschiedenen Sprachen übersetzt werden. Ist der Einsatz von Gebärdensprachlern:innen erforderlich werden diese entsprechend angefordert.
Durch den Einsatz von Metacom-Symbolen haben die Kinder die Möglichkeit am Alltag teilzuhaben. Diese werden unterschiedlich eingesetzt und die Kinder können ihre Wünsche anhand der Metacom-Symbole kommunizieren, falls dies wünschen.
6.2 Teamzusammensetzung (Fortbildungen)
Die Teams in den AWO-Kindertagesstätten sind sehr verschieden. Die Mitarbeiter:innen verfügen über verschiedene Ausbildungen (z. B. Erzieher:innen oder Kinderpfleger:innen), Studium (Kindheitspädagogen:innen), Sprachkenntnisse oder sind aus vielen verschiedenen Ländern bzw. Kulturen. Jede:r bringt ihren bzw. seinen eigenen Schatz an Erfahrungen in die Arbeit mit ein und kann damit die Arbeit mit den Kindern und den Eltern bzw. Familien wertvoll fördern, unterstützen und fordern.
Pädagogische Fachkräfte und Inklusionsassistenten:innen müssen im Bereich „Inklusion“ regelmäßig und aktuell fortgebildet werden.
6.3 Sozialraumanalyse
In den einzelnen Kitas werden jährlich Sozialraumanalysen durchgeführt, d. h. es wird die Umgebung bzw. das soziale Umfeld der Kindertageseinrichtung in Bezug auf Kund:innen, Klientel, öffentliche Angebote, direkte Lebensumgebung, Kooperationspartner:innen und vorhandene Ressourcen untersucht. Diese Ergebnisse werden evaluiert und die Angebote werden entsprechend angepasst.
6.4 Kooperation, Netzwerk und externe Hilfsangebote
Wir arbeiten mit diversen Kooperationspartner:innen zusammen. Diese bestehen etwa aus Therapiepraxen, für bspw. Ergo-, Sprach- oder Physiotherapie. Ein enger Austausch besteht mit behandelnden Kinderärzten:innen, sozialpädiatrischen Zentren oder Frühförderstellen.
Regelmäßig finden Austauschtreffen mit den ortsansässigen Grundschulen statt und es entstehen gemeinsame Angebote und Besuche. Auch kooperieren wir mit ansässigen Kulturangeboten, wie z. B. der Stadtbibliothek, dem Edith-Stein-Haus oder dem Kulturkeller. Ein reger Austausch mit dem Jugendamt sowie die Teilnahme an diversen Arbeitskreisen (bspw. „Frühe Hilfen“ oder runder Tisch) statt.
6.5 Raumausstattung und Fördermaterialien
Unsere sechs Kindertagesstätten sind sehr unterschiedlich in den einzelnen Bauweisen. Die älteste Kindertagesstätte ist die Villa Purzelbaum in Holzheim. Der Name „Villa“ sagt schon einiges aus. Die Kita ist dreigeschossig und somit nicht für alle auf allen Ebenen zu erreichen. Der Eingang und das Erdgeschos sind barrierefrei und können auch von Menschen mit entsprechenden Beeinträchtigungen erreicht werden. Ebenso ist die Kita Weltentdecker nicht barrierefrei. Sie ist ein zweigeschossiger modularer Bau ohne Aufzug. Alle anderen Kindertagesstätten sind für Menschen mit einer entsprechenden Beeinträchtigung oder Behinderung erreichbar und barrierefrei ausgestattet.
Die Kinder bringen unterschiedliche Bedürfnisse mit. In den Kindertagesstätten wird mit sog. Metacom-Symbolen gearbeitet. So haben alle Kinder die Möglichkeit, sich zu verständigen, egal ob sie eine sprachliche Beeinträchtigung haben oder eine andere Muttersprache haben und Deutsch als Fremdsprache noch nicht umsetzen können.
Die einzelnen Kitas verfügen auch über unterschiedliche Materialien (z. B. Spiel- und Fördermaterialien) in den 10 Bildungsbereichen der Bildungsgrundsätze NRW. Diese werden stets dem kindlichen Interesse angepasst und ergänzt.
7. Formen der Teilhabe
7.1 Bild vom Kind
„Der neugeborene Mensch kommt – als ‚kompetenter Säugling‘ zur Welt – dies belegt, die entwicklungspsychologische und neurowissenschaftliche Säuglings- und Kleinkindforschung. Bereits unmittelbar nach der Geburt beginnt der Säugling, seine Umwelt zu erkunden und mit ihr in Austausch zu treten (vgl. Der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder in Tageseinrichtungen bis zur Einschulung, S. 2007)“.
Wir orientieren uns am humanistischen Menschenbild. Wir gehen davon aus, dass Menschen von Geburt an über ein großes Potenzial an Fähigkeiten verfügen, dessen Entfaltung, sie in die Lage versetzt, ihr Leben in Verantwortung für sich und andere zu gestalten.
Das Kind gestaltet seine Bildung und Entwicklung von Geburt an aktiv mit. Kinder können direkt ihre Bedürfnisse äußern und nehmen ihre Umwelt wahr. Sie erkunden ihre Umwelt und nehmen diese wahr. Jedes einzelne Kind unterscheidet sich von seiner Persönlichkeit und Individualität von anderen Kindern.
Wir nehmen alle Kinder mit ihren Kompetenzen, Fähigkeiten und Fertigkeiten da auf, wo sie stehen. Jedes Kind ist für uns eine eigenständige Persönlichkeit und individuell. Sie verfügen über Selbstkompetenz und Selbstbewusstsein. Kinder sind Akteure ihrer Lernprozesse.
Alle Kinder haben ein Grundrecht auf Bildung, Erziehung und Betreuung, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer kulturellen und ethnischen Orientierung und unabhängig von der Lebenssituation der Eltern.
7.2 Partizipation – Wir nehmen Kinder ernst
Kinder brauchen Erwachsene, die sie ernst nehmen, verstehen, unterstützen und sie vor Gefahren schützen. Sicherheit vermitteln und Lernprozesse verständnisvoll begleiten, sind wesentliche Elemente unserer pädagogischen Arbeit. Die Kinder in unserer Einrichtung erleben Fachkräfte, die sie achten und wertschätzen und an denen sie sich positiv orientieren können. Die Kinder werden ermutigt neue Erfahrungen zu machen, ihre Meinung zu äußern, Bedürfnisse angemessen einzufordern und Entscheidungen zu treffen.
In unserer Kita spielt die Partizipation eine sehr wichtige Rolle und bietet den Kindern die Teilhabe an verschiedenen Entscheidungen und Mitbestimmung im Kindergartenalltag. Das pädagogische Erziehungsziel dabei ist, dass Kinder lernen ihre eigenen Ideen, Wünsche und Bedürfnisse wahrzunehmen und sie zu äußern. Dabei lernen die Kinder ihre Meinung zu vertreten und in der Diskussion miteinander auch andere Meinungen und Standpunkte zu hören, sie zu akzeptieren und Kompromisse einzugehen.
7.3 Resilienz
„Der Begriff ‚Resilienz‘ leitet sich von dem englischen Wort ‚resilience‘ (Spannkraft, Widerstandsfähigkeit, Elastizität) ab und bezeichnet allgemein die Fähigkeit einer Person oder eines sozialen System,s erfolgreich mit belastenden Lebensumständen und Folgen von Stress umzugehen“ (vgl. Rutter, 2001; Petermann, 2000; Wustmann, S. 18). Umso resilienter ein Mensch ist, desto besser kann er mit schwierigen Lebenssituationen umgehen und daran nicht zerbrechen. Hierfür wird eine hohe psychische, physische und biologische Belastbarkeit erforderlich.
Kinder, die mit belastenden Situationen und einer hohen Risikobelastung umgehen können, und sich trotzdem positiv entwickeln, werden als resilient bezeichnet werden. Negative Einflüsse werden kompensiert und sie können sich gesundheitsförderliche Kompetenzen aneignen und entsprechend entwickeln. Sie müssen stetig die Erfahrung machen können, dass die Aufgaben und Anforderungen in ihrem Lebensalltag erfolgreich zu bewältigen sind.
Unsere Aufgabe als pädagogische Bildungseinrichtung besteht darin, den Kindern im Alltag wiederkehrend Erfahrungen zu ermöglichen, die dies zulassen. Für diesen Entwicklungsprozess bietet die Kindertagesstätte im pädagogischen Kontext vielfältige Möglichkeiten, die intrinsisch (aus dem Kind heraus) motiviert sind und die Lebenswelt des Kindes umfassen. Dabei sind die persönlichen Belastungsgrenzen eines jeden Kindes zu wahren und ein Gleichgewicht zwischen Über- und Unterforderung zu gewährleisten. Das Kind braucht Stabilität für seine positive Entwicklung und entsprechende Bedingungen, damit es sich bestmöglich in einer psychischen Gesundheit entwickeln kann, diese dann erhalten bleiben kann und/oder gefördert wird.
7.4 Zusammenarbeit mit Eltern bzw. Familie
Wir als AWO sehen Eltern bzw. Sorgeberechtigte als Partner in der Betreuung, Bildung und Erziehung der Kinder. Sie sind Experten und aktive Partner. Sie haben eine zentrale Bedeutung für eine erfolgreiche Bildungsbiografie ihres Kindes. Nur durch eine gute Zusammenarbeit zwischen Eltern und Mitarbeiter:innen ist es uns möglich, familienergänzende Erziehung zu leisten. Für das Kind ist die Familie das wichtigste Bezugssystem und die Kindertagesstätte als Institution mit ihren Mitarbeitern:innen steht immer in der zweiten Reihe. Alle Beteiligten sollen sich in der Kita wohlfühlen, so kann der Übergang und das Vertrauen gewährleistet werden. Für das Kind müssen sich Eltern und die Kita gemeinsam auf den Weg machen, um eine optimale Teilhabe zu ermöglichen. Für die Bildung, Entwicklung und Förderung sind Eltern als Erziehungsberechtigte Experten für ihre Kinder, pädagogische Fachkräfte bilden die professionelle Seite im Beziehungsdreieck. Sie gestalten die Zusammenarbeit mit den Eltern positiv und sind für die Betreuung, Bildung und Förderung des Kindes zuständig.
Die vertrauensvolle Zusammenarbeit sorgt für eine erfolgreiche Inklusion des Kindes. Eltern, pädagogische Fachkräfte, Therapeuten*innen, Assistenz und behandelnde Ärzte werfen gemeinsam den Blick auf die Bedürfnisse, Ressourcen und Entwicklungspotenziale des Kindes. Anhand dessen werden die erforderlichen Maßnahmen und Entwicklungsziele formuliert und umgesetzt.
7.5 Wertschätzung und Abbau von Barrieren
Für uns als Träger gehören alle Menschen dazu. Sie haben ein Recht auf eine Barrierefreiheit und einen uneingeschränkten Zugang in die Einrichtungen, was zum Selbstverständnis gehört, ebenso das alltägliche Miteinander aller Akteure des Alltags.
Die Aufgabe unsererseits liegt darin, alle Einrichtungen barrierefrei zugänglich zu machen und die Bedürfnisse aller Menschen aufzunehmen und umzusetzen. Die Angebote werden für alle Menschen im Alltag angepasst.
Kindern müssen Wege erleichtert werden und Hilfestellungen gegeben werden, Wege in der Kita, in der Gemeinschaft oder in der Umgebung erreichen zu können, wie z. B. durch Laufhilfen oder die Mitnahme im Kinder- bzw. Bollerwagen.
7.6 Umgang mit Diskriminierung und Beschwerdemanagement
Der Begriff „Diskriminierung“ beinhaltet, dass es eine grobe Verletzung der Menschrechte ist. Menschen, die aufgrund ihrer individuellen oder gruppenspezifischen Merkmale systematisch an der Ausübung ihrer Menschrechte gehindert werden, gelten als Diskriminiert.
Kinder in unseren Kindertagesstätten haben diverse Identitäten und Lebensbedingungen. Diese Themen werden mit den Kindern konkretisiert. Kinder sollen keine Ausgrenzung und Diskriminierung erleben müssen, aufgrund ihrer Herkunft, Geschlechtsidentität, Hautton, sozioökonomischer Status, Familienkonstellation, Beeinträchtigung, Körperform, Alter, Sprache oder Religion. Die Kinder werden dabei unterstützt, die Vielfalt der Welt diversitätsbewusst und diskrimienierungskritisch zu erfassen. Allen Kindern muss Bildung in hoher Qualität ermöglicht werden, in Form von vorurteilsbewusster Bildung und Erziehung.
Im Rahmen unserer Qualitätsmanagementsystems haben Eltern die Möglichkeit einen Beschwerdebogen ausfüllen. Anhand dessen werden entsprechende Maßnahmen eingeleitet und Gespräche mit beteiligten Personen, die aus der Beschwerde hervorgehen geführt.
Wir haben alle Familien im Blick. Jede Familie, jedes Kind hat individuelle Bedürfnisse. Gemeinsam versuchen wir diese zu überwinden und Lösungsmöglichkeiten in der alltäglichen Umsetzung zu finden. Im Vordergrund steht hier immer die bestmögliche Entwicklung des Kindes.
8. Formen sozialer Integration
8.1 Förder- und Teilhabepläne
Für Kinder, die Basisleistung I (Rahmenvertrag nach § 131 SGB IX Nordrhein-Westfalen, Stand 23.07.2019) nach dem BTHG, SBG IX erhalten, muss ein individueller Förder- und Teilhabeplan erstellt werden. Dieser muss regelmäßig dokumentiert werden, jährlich erneuert werden und auf die Zielerreichung hin überprüft werden. Ausgangspunkt sind die einzelnen Ressourcen der Kinder anhand ihrer Entwicklungspotenziale und müssen im Rahmen eines Förderplans dokumentiert werden.
In jeder Kita wird ein Teilhabeplan erarbeitet, dieser unterstützt Herausforderungen die im pädagogischen Alltag Lösungsansätze bringen. Ein kontinuierlicher Austausch mit allen beteiligten Akteuren (Kind, Eltern, Leitung der Kindertagesstätte, Erzieher:innen, Therapeut:innen, Fallmanager:innen, Kinderärzt:innen, Fachberatung, sozialpädagogischen Zentren) ist sicher zu stellen, damit die Voraussetzungen für einen gelungenen Entwicklungsprozess vorhanden sind. So können die Förderung und Teilhabe des Kindes sichergestellt werden.
Hilfreich sind Tagespläne für jedes Kind, anhand dessen können die Bezugspersonen seine Aktivitäten am Tag begleiten und das Kind kann sich immer wieder daran orientieren.
In regelmäßigen Abständen finden Bildungs- und Beobachtungsdokumentationen statt. Anhand dieser Dokumentationen werden Entwicklungsberichte geschrieben und Zielsetzungen formuliert. Hierüber hinaus finden jährlich Beobachtungen nach BaSik zur Ermittlung des Sprachstandes der Kinder statt. Regelmäßige Austauschgespräche im Team, mit den Eltern sowie mit den behandelnden Therapeuten über die Entwicklungsschritte des Kindes sind für eine erfolgreiche Umsetzung des Förder- und Teilhabeplans ausschlaggebend. Ein kontinuierlicher Austausch mit allen Akteuren baut die pädagogische Landschaft aus.
8.2 Heilpädagogische Leistungen
Unter heilpädagogischen Leistungen wird verstanden, dass alle umfassenden Maßnahmen, die zur Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes beitragen, einschließlich der jeweils erforderlichen nichtärztlichen therapeutischen, psychologischen, sonderpädagogischen und psychosozialen Leistungen und der Beratung der Erziehungsberechtigten. Diese gehören zur sozialen Teilhabe (§ 116 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 104 SGB IX) und können in unterschiedlichen Settings stattfinden, wie z. B. im Rahmen von Einzelangeboten bzw. -förderungen oder Gruppenangeboten/-förderungen.
Zuerst findet die heilpädagogische Diagnostik (Beobachtungen, Dokumentationen und Testverfahren) statt und die Förderbereiche (Förderplan) werden festgelegt. Wenn erforderlich, findet eine enge Vernetzung zwischen allen Akteuren im inklusiven Feld statt (z. B. Frühförderstellen, Therapiepraxen, Schulen etc.).
8.3 Inklusionsassistenz
Benötigt ein Kind zusätzliche Unterstützung im Alltag der Kindertagesstätte, können die Eltern im Rahmen des BTHG für ihr Kind eine:n Inklusionsassistentin bzw. -assistenten beantragen. Somit haben alle Kinder das Recht auf uneingeschränkte Teilnahme. Sie haben die Aufgabe, das Kind bestmöglich im Alltag zu inkludieren. Das Kind erhält Hilfestellungen, sowie die Stärkung von sozialen und emotionalen Kompetenzen.
Bei Alltagsaufgaben, wie z. B. bei den Mahlzeiten oder Anziehen, erhält das Kind Hilfestellungen. Kann es Bedürfnisse nicht verbal äußern, erhält es die entsprechenden Mittel zur unterstützenden Kommunikation.
Die Inklusionskraft sorgt dafür, dass das Kind eine konstante und betreute Unterstützung erfährt, alle Entwicklungsbereiche wie soziale, sprachliche, kommunikative und emotionale Kontakte und Kompetenzen sollen gefördert werden und der Alltag individuell nach den Bedürfnissen des Kindes begleitet werden.
Eltern, pädagogische Mitarbeiter:innen und Inklusionsassist:innen stehen im engen Austausch miteinander und passen die Förderungen an.
9. Wir positionieren uns
Unter dem Begriff „Diversitätskompetenz“ wird im Allgemeinen ein angemessener Umgang mit kultureller, sozialer, geschlechtlicher und religiöser Differenz verstanden. Diversitätskompetente Menschen verfolgen das Ziel, soziale Vielfalt konstruktiv zu nutzen.
In unseren Einrichtungen verfolgen wir das Ziel, die gesellschaftliche Vielfalt im Rahmen unseres AWO-Leitbildes gemeinschaftlich zu leben und Unterschiede anzunehmen. Dabei sind Vielfältige Lebensformen in ihrer Einzigartigkeit zu achten und wertzuschätzen. Es geht hierbei weniger um das einzelne Individuum oder um Minderheiten, sondern vielmehr darum, eine produktive Gesamtatmosphäre zu schaffen, welche Diskriminierung und Entstehung von Vorurteilen verhindert und Chancengleichheit herstellt.
Ziel ist es, dass eine professionelle und verbindliche Zusammenarbeit aller Akteure entsteht und somit alle uns anvertrauten Kinder fachlich und kompetent gefördert werden können und eine Teilhabe am Lebensumfeld und im sozialen Gefüge ermöglicht wird. Inklusion gehört zum Alltag und ist für uns alle selbstverständlich.