Themenheft zum Weltfrauentag

Es ist wieder soweit: Am 8. März 2021 ist Weltfrauentag!

Liebe Frauen bei der Arbeiterwohlfahrt,

es ist wieder soweit: Am 8. März 2021 ist Weltfrauentag!

Leider erlaubt uns die derzeitige Situation in der Corona-Pandemie nicht, uns persönlich zu treffen und diesen Tag gemeinsam zu zelebrieren. Aus diesem Grund gibt es diese Broschüre, mit der wir Euch zum Weltfrauentag gratulieren sowie auch einige Informationen hierzu mit an die Hand geben möchten. Wir hoffen, dass Euch diese kleine Aufmerksamkeit gefällt.

Wir Frauen haben – auch gemeinsam mit Männern – vieles schon erreicht, es bleibt jedoch noch viel zu tun:

  • Tatsächliche Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen
  • Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
  • Vereinbarkeit von Familie und Beruf
  • Gleiche Rente für Frauen und Männer in Ost- und Westdeutschland
  • Stärkere Wertschätzung des Einsatzes der Frau in der Familie für ihre Altersversorgung

Bestimmt fallen Euch noch ein paar Punkte mehr dazu ein…

Wir freuen uns, Euch bald in die Arme schließen zu können und umarmen Euch jetzt in Gedanken.

Bleibt gesund und zuversichtlich!

Sengül Öztas (Allgemeine Sozialarbeit), Gertrud Servos (Vorsitzende)

Geschichte
des Weltfrauentages / Internationalen Frauentages

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) wurde am 13. Dezember 1919 auf Initiative von Marie Juchacz gegründet. Seit 100 Jahren kämpfen wir. Für Gerechtigkeit und Solidarität, für Vielfalt und Frauenrechte. Für ein menschenwürdiges Leben, in dem niemandem Almosen zugeteilt, sondern allen Chancen für Teilhabe ermöglicht werden. Denn nur so geht echtes Miteinander.

Die AWO fordert ein selbstbestimmtes, gewaltfreies und ökonomisch abgesichertes Leben für alle Frauen, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, ihrer Herkunft, ihrem Alter, ihrem Status, ihrem Einkommen, sexuellen Orientierung, Behinderung, ihrem kulturellem Hintergrund oder ihrer Religionszugehörigkeit.

„Den Frauen, die als Arbeiterinnen, Mütter und Gemeindebürgerinnen ihre volle Pflicht erfüllen, die im Staat wie in der Gemeinde ihre Steuern entrichten müssen, hat Voreingenommenschaft und reaktionäre Gesinnung das volle Staatsbürgerrecht bis jetzt verweigert. Dieses natürliche Menschenrecht zu erkämpfen, muß der unerschütterliche, feste Wille jeder Frau, jeder Arbeiterin sein. Hier darf es kein Ruhen kein Rasten geben.“

„Keine Sonderrechte, sondern Menschenrechte“ hatte die deutsche Sozialistin Clara Zetkin 1910 auf dem zweiten Kongress der Sozialistischen Internationale in Kopenhagen gefordert. Ein Jahr später, am 19. März 1911, gingen erstmals Frauen in Deutschland, Österreich, Dänemark und der Schweiz zum Frauentag auf die Straße. Sie forderten das Wahlrecht für Frauen und mehr politische Teilhabe. Außer in Finnland, geregelt durch die Landtagsordnung von 1906, durften zu diesem Zeitpunkt in keinem europäischen Land Frauen wählen oder gewählt werden. In Deutschland wurde Frauen dieses Recht erst 1918 zugestanden. International wird der Frauentag seit 1921 am 8. März begangen.

Die Nationalsozialisten hatten den Frauentag 1933 wegen seiner sozialistischen Tradition verboten. In der Sowjetzone und der späteren DDR kam ihm dagegen nach dem Zweiten Weltkrieg eine erhebliche propagandistische Bedeutung zu. Hier galt die gleichberechtigte und vollzeitbeschäftigte Frau und Mutter als gesellschaftliches und politisches Leitbild. Anders als in anderen sozialistischen Staaten wurde der 8. März in der DDR jedoch nicht zu einem gesetzlichen Feiertag.

In Westdeutschland gewann der 8. März durch die Frauenbewegung Ende der 1960er Jahre an Bedeutung. Den Teilnehmenden an Protestmärschen ging es nicht nur darum, dass Frauen gleichberechtigt in der Gesellschaft mitentscheiden, ohne Bedrohung durch Gewalt und Diskriminierung leben und ohne Zustimmung des Ehegatten eine Erwerbsarbeit aufnehmen dürfen. Ebenso im Fokus stand das Recht der Selbstbestimmung über den eigenen Körper, um beispielsweise legal abtreiben zu dürfen.

AWO Bundesverband

Marie Juchacz
hält als erste Frau eine Rede im Deutschen Parlament

Meine Herren und Damen, wenn ich als Frau zu Ihnen spreche, so hoffe ich doch, dass recht viele Männer auf meine Worte achten werden.

Die Frau ist vollberechtigte Staatsbürgerin. Überlegen Sie, was das heißt: es gibt viel mehr Frauen im wahlfähigen Alter als Männer. Durch die Abgabe seiner Stimme am Wahltage kann jeder Staatsbürger politisch mitwirken. Die Tatsache des Frauenwahlrechtes sollte jeden Freund der Sozialdemokratie zwingen, um die Frauenstimmen zu werben. Wenn zum Beispiel auf je 100 für die Sozialdemokratie abgegebenen Männerstimmen nur 90 Frauenstimmen entfallen, dagegen auf 90 deutschnationale Männerstimmen 110 Frauenstimmen abgegeben würden, dann würde der männliche sozialdemokratische Wähler feststellen müssen, dass sein politischer Wille durch den Willen einer Frau seiner eigenen Klasse abgeschwächt wurde.

Das Frauenwahlrecht ist eine Folge der gegen früher ganz veränderten sozialen Lage der Frauen. Es war der Sozialdemokrat August Bebel, der die soziale Stellung der Frau unter der Herrschaft des Kapitals aufzeigte. In meisterhafter Weise wurde von Bebel auf die weltwirtschafliche Bedeutung der Frauenarbeit und ihre sozialen Folgen hingewiesen.

Wer zweifelt heute daran, dass die Frauen in der Industrie, in Handel und Verkehr, als Staatsbeamte und Angestellte im freien künstlerischen und wissenschaftlichen Beruf eine wichtige Rolle spielen. Eine große Zahl nicht gewerblicher Hausfrauen aber macht erst durch ihre sorgende Arbeit die Arbeitskraft des Ehemannes, der berufstätigen Söhne und Töchter volkswirtschaftlich wertvoll.

Wer zweifelt heute noch daran, dass die Frauen als Käuferinnen die Warenherstellung und den Warenverkehr stark beeinflussen. Ist doch zum Beispiel in Amerika festgestellt worden, dass 80 Prozent aller Einkäufe für den Privatbedarf, einschließlich der Gebrauchsgegenstände für Männer, von Frauen ausgeführt wird. Nichts kann mehr die volkswirtschaftliche Funktion der Frauen beweisen.

Welche Wichtigkeit aber der Frau als Mutter, als Trägerin des Lebens, zukommt brauche ich doch wohl nicht zu beweisen. Es kann nicht oft genug gesagt werden: Die Entwicklung stellt an den modernen Staat große soziale Anforderungen. Dieser Staat aber sind wir selbst. Die Versorgung des Volkes mit preiswerten Lebensmitteln und Gebrauchsgütern, die Sozialpolitik, die Bevölkerungspolitik, die Wohnungsfrage, die staatliche Wohlfahrtspolitik sind von außerordentlicher Bedeutung für die gesamte arbeitende Bevölkerung. Demokratie ist Volksherrschaft, ist sie nicht auch Selbsthilfe? Vorbehaltlos, ganz im Interesse der Arbeiterklasse kann nur die Partei der Arbeiter wirken. Das ist die Sozialdemokratie.

Aktionen
der Arbeiterwohlfahrt zum Weltfrauentag

Frauen auf der ganzen Welt machen am 8. März mit Veranstaltungen, Feiern und Demonstrationen auf noch immer nicht verwirklichte Frauenrechte aufmerksam.

Über 100 Jahre nach dem ersten Weltfrauentag ist bereits viel von seiner Geschichte in Vergessenheit geraten. Wir als AWO in Neuss greifen diesen Aktionstag auf und nutzen ihn dazu, unter wechselnden Schwerpunktthemen über Hintergründe dieses Tages zu informieren, ihn gemeinsam zu feiern und bei einem gemeinsamen Frühstück einen Austausch anzuregen.

Gleichberechtigung im Grundgesetz
Art. 3 Abs. 2 GG

Die Frauenverbände trugen 1949 dazu bei, dass im Zusammenhang mit der Gründung der BRD bedeutende frauenpolitische Weichen gestellt werden konnten: Bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes zur provisorischen Verfassung des neuen Staates versuchte eine der nur vier weiblichen Abgeordneten des Parlamentarischen Rates, die sozialdemokratische Juristin Elisabeth Selbert, erstmals die volle Gleichberechtigung der Frauen auf allen Gebieten verfassungsrechtlich festzuschreiben. Sie musste dabei gegen unerwartet große Widerstände ankämpfen. Dass ihr lange aussichtslos scheinender Kampf schließlich doch noch gewonnen werden konnte, war einem außerparlamentarischen Sturm zu verdanken, an dem die überparteilichen Frauenverbände einen großen Anteil hatten.

Die folgenreiche Verankerung des Satzes „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ im Grundgesetz (Art. 3 Abs. 2) stellte den größten frauenpolitischen Erfolg der Nachkriegszeit dar, denn dieser kleine, unscheinbare Satz hat „im tiefsten Sinne revolutionären Charakter“ (Selbert). Er hatte zur Konsequenz, dass alle dem Gleichberechtigungsprinzip entgegenstehenden rechtlichen Regelungen und Gesetze an die Verfassung angepasst werden mussten. Betroffen war in der BRD das Bürgerliche Gesetzbuch und hier vor allem das Ehe- und Familienrecht, das einer grundlegenden Reform unterzogen werden musste.

Bundeszentrale für politische Bildung (CC BY-NC-ND 2.0 DE)

Die rote Nelke
Traditionen und Bräuche am Weltfrauentag

Bräuche, wie sie von anderen Feiertagen bekannt sind, existieren am Weltfrauentag nicht. Es geht an diesem Tag weniger darum, gute Laune zu verbreiten, sondern auf Missstände in der ganzen Welt aufmerksam zu machen. In großen und kleinen Städten wird demostriert und Gewerkschaften sowie Frauengruppen halten Vorträge.

Am 1. Mai 1890 wurde zum ersten Mal ein Protest- und Gedenktag mit Massenstreiks und -demonstrationen als Kampftag der Arbeiterbewegung auf der ganzen Welt begangen. Das Mitführen von Fahnen war nicht gestattet, darum wählte man die rote Nelke im Knopfloch als Abzeichen der Gleichgesinnten. Die rote Nelke, die auch für die aufgehende Sonne stand,  war somit auf das Engste mit dem 1. Mai verbunden, an dem die Arbeiterbewegung den Achtstundentag forderte.

Weitere Symbolkraft gewann die Nelke für die proletarische Frauenbewegung. Am 19. März 1911 fand im Deutschen Reich, Österreich, Schweden, den USA und weiteren Ländern der 1. Internationale Frauentag statt. Zentrale Forderung war die Einführung des Frauenwahlrechts. Im württembergischen Göppingen riefen SPD und Gewerkschaften zum „Allgemeinen Frauentag“ auf: Um den Frauentag imposant zu gestalten, haben die Unterschreibenden beschlossen, der Arbeiterschaft des Bezirks zum Zeichen der Solidarität mit der Forderung des Frauenwahlrechts das sichtbare Tragen der Blume der Gleichheit (rote Nelken) am 19. März zu empfehlen.

Nach 1945 lebte die vormals reiche Symbolsprache nur eingeschränkt wieder auf. Die deutsche Sozialdemokratie, wie auch die Sozialistische Internationale stellten immer öfter die Rose an die Stelle der Nelke. In Ostdeutschland wurde bei Aufmärschen oder beispielsweise beim Gedenken an die 1919 ermordeten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht die rote Nelke zum Begleitgegenstand der Massen. In der westdeutschen Arbeiterbewegung verkümmerte die Nutzung der roten Nelke mehr und mehr zu einem symbolhaften Ritual. Immer noch tauchte die Blume auf Plakaten sozialdemokratischer und kommunistischer Parteien, wie auch der Gewerkschaften auf.

Friedrich-Ebert-Stiftung

 

Die Arbeiterwohlfahrt engagiert sich nicht nur in Deutschland, sondern weltweit für die Durchsetzung ihres Leitbildes. Als AWO Ortsverein Neuss unterstützen wir durch unsere Mitgliedschaft auch Aktionen von AWO International. So machen zum Weltfrauentag Partnerorganisationen etwa in Südasien, Mittelamerika und Mexiko sowie Südostasien mit Kundgebungen, Pressekonferenzen, öffentlichen Veranstaltungen und Aktionen auf die Situation der Frauen aufmerksam. Noch immer sind Frauen weltweit benachteiligt, werden ausgebeutet und sind besonders von extremer Armut betroffen.